Ein Luxushotel, eine schäbige Absteige, ein Marktplatz, und hinter dem Stadttor: Nichts als Wüste. Tennessee Williams’ poetisches, selten gespieltes Traumstück über gestrandete Figuren am Ende der Welt. Ein Stück voller Humor und Musik – Calexico, langjährige Wegbegleiter der Regisseurin Anna-Sophie Mahler, schreiben exklusiv neue Musik für die Inszenierung und stehen bei den Aufführungen auch live auf der Bühne.
„Zur Freiheit. Das ist die weiteste Reise, die ein Menschen machen kann.“
Eine Hafenstadt, irgendwo in Lateinamerika. Der Anfang und das Ende der Welt. Hinter dem gewaltigen Stadttor: Nichts als Wüste. Auf dem Marktplatz, zwischen einem Luxushotel und einer schäbigen Absteige, treffen Gestrandete aufeinander: Verlorene Figuren, die nicht wissen, wie sie hierher geraten sind, geschweige denn, wie sie sie wieder verlassen könnten – diese Sackgasse des Camino Real, des Königswegs. Da ist Jacques Casanova, der einsam gewordene Frauenheld. Und Esmeralda, direkt Victor Hugos Roman "Der Glöckner von Notre-Dame" entstiegen. Don Quixote mit seinem Knappen Sancho Panza. Marguerite, die legendäre „Kameliendame“ aus Alexandre Dumas‘ gleichnamigem Roman. Der Dichter Lord Byron. Und nicht zuletzt ein junger Boxer namens Kilroy, mit goldenem Herzen, groß wie ein „Babykopf“: Mit aufgerissenen Augen blickt er über die Mauer auf das Grenzland. Auch er weiß nicht, was hinter der Grenze wartet – und dennoch träumt er davon, von hier zu verschwinden. „Kilroy was here.“
Tennessee Williams, eigentlich berüchtigt für seine realistischen Theaterstücke, hat mit Camino Real (1953) etwas ganz anderes versucht: ein fantastisches, freies und absurdes Traumstück, voller Humor und Musik – und doch zutiefst nachdenklich, seelenverwandt mit dem Existentialismus Sartres oder den Endstation-Stücken Becketts. Williams beschrieb es als „nicht mehr und nicht weniger als meine Auffassung der Zeit und der Welt, in der ich lebe.“ Und so ringen seine Figuren, in die Existenz dieser mysteriösen, kapitalistischen Grenzstadt geworfen, um Freiheit, Anerkennung und Haltung – zwischen der Angst vor dem sozialen Abstieg und der Sehnsucht nach einem anderen Leben.
Live auf der Bühne des Volkstheaters in dieser Traumwelt stehen Martin Wenk, Joey Burns und John Convertino von der Band Calexico aus Tucson, Arizona. Ihr legendärer Stilmix aus mexikanischem Mariachi, Tex-Mex, Country-Rock, Jazz und Folk hat ein eigenes Genre begründet: „Desert Noir“, das selbst dem Grenzland zwischen Mexiko und der USA entspringt. Ihre Musik erforscht Reiche eindringlicher Melancholie, profunder Schönheit, und ansteckender Euphorie, womit sie seit dreißig Jahren ihr Publikum begeistern.
Für Camino Real schreiben Calexico eigens ganz neue Musik. Regisseurin Anna-Sophie Mahler verbindet mit der Band eine langjährige Freundschaft – auf Calexicos erster Europa-Tournee 1999 stand sie als Geigerin mit auf der Bühne.