Seit bald einem Jahrzehnt befindet sich Giuseppe Verdi in einer Schaffenskrise, hat keine große Oper mehr herausgebracht. Im Winter 1883 fährt der 70-jährige inzwischen verunsicherte und depressive Maestro nach Venedig, hoffend, dass dort der gewünschte Fortschritt in der Arbeit eintritt. Zur selben Zeit befindet sich Verdis künstlerischer Antipode, der ebenfalls 70-jährige, allerdings sehr selbstbewusste und sehr erfolgreiche Richard Wagner in Venedig. Der Vergleich zwischen seinen eigenen, lang zurückliegenden Erfolgen und Wagners neuartigen Opern wird Verdi zur Obsession. Im Laufe der Erzählung steigert sich Verdis künstlerischer Zweifel an sich selbst ins Unermessliche, er ist sicher: nur ein Besuch bei Richard Wagner kann dem demütigenden Gespenst der künstlerischen Impotenz ein Ende bereiten. In phantastischen Sprach-Bildern entwirft Franz Werfel nicht nur Venedig vor dem Auge des Hörers, sondern macht vor allem die Qual des Künstlers und seines Anspruches an sich selbst nachvollziehbar; einer Qual, die durch eine überraschende Wendung schließlich doch in einer neuen Oper Verdi's ihre Ende findet.
Joseph Lorenz, bekannt aus Theater und Fernsehen, liest an diesem Abend aus Werfels Roman, der am 4. April 1924 als erstes Werk in dem von Paul Zsolnay gegründeten Paul Zsolnay Verlag erschienen ist und mit seinen in kürzester Zeit verkauften 60.000 Exemplaren den Grundstein des Verlages bildete.