Aus dem Französischen von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel, Bühnenfassung von Lily Sykes und Andreas Karlaganis.
Die Geschwister Serge, Jean und Nana Popper leben in Paris. Sie sind Nachkommen jüdischer Überlebender der Shoah, deren Geschichten nach Ungarn und Wien zurückreichen. Großvater, Großtante und Urgroßmutter sind in Auschwitz ermordet worden; als Mitglieder der späten zweiten Generation nach dem Krieg gehen die drei langsam auf ihr Rentenalter zu.
Das heißt jedoch nicht, dass ihre Leben in ruhigen Bahnen verlaufen würden. Serge wurde von seiner Freundin Valentina verlassen und wechselt noch immer von Job zu Job; das Verhältnis zu seiner Tochter Josephine ist kompliziert. Auch Jean lebt in Trennung. Und Nana strampelt in ihrer Ehe und mit ihren zwei Kindern, um irgendwie den Kopf über Wasser zu halten. Zur Auseinandersetzung mit der traumatischen Familiengeschichte bleibt da keine Zeit, keine Muße, keine … Motivation?
Als ihre Mutter stirbt, beschließen die drei jedoch sich der Vergangenheit zu stellen. Es beginnt ein aberwitziger Roadtrip nach Auschwitz und eine Belastungsprobe ihrer Beziehung, wenn sie schließlich durch das ehemalige Vernichtungslager wandeln und mehr oder weniger erfolglos versuchen, mit ihrer Betroffenheit in Kontakt zu kommen – während sie vordergründig in den komischen Blüten, die ihre dauernden Streitereien treiben, gefangen bleiben.
Die französische Schriftstellerin Yasmina Reza, geboren 1959, hat mit SERGE gewagt, die Erinnerungskultur der Shoah aus jüdischer Perspektive neu zu befragen. Indem sie die Grauen der Vernichtungslager dem Alltag im neoliberalen 21. Jahrhundert gegenüberstellt, stellt sich die Frage nach dem Erbe neu: Wie bleiben wir überhaupt mit ihm in Kontakt? Nach DREI MAL LEBEN, KUNST, DER GOTT DES GEMETZELS und BELLA FIGURA ist SERGE bereits der fünfte Text Rezas, der am Burgtheater zur Aufführung kommt.