Stockholm 2010: Eine Autobombe. Zwei Verletzte. Tausende Blicke. Angst macht sich breit! Amor lässt sich im diffusen Discolicht treiben und von der schwarzen Nacht verschlingen. Immer wieder klingelt das Telefon, sein Freund Fabi versucht, ihn zu erreichen. Er macht sich Sorgen. Der nächste Morgen: Ausgespuckt auf den harten Boden der Realität, beginnt für Amor ein unaufhaltsames Gedankenkarussell. Noch wurde niemand geschnappt. Doch Amor spürt die Blicke der anderen. Denn er ist verdächtig, weil er so aussieht wie jemand, der verdächtigt werden könnte. Es gilt, unsichtbar zu werden. Sich zu rasieren. Nicht aufzufallen. Er ist unschuldig, oder? Amor ist doch kein Terrorist – er ist Student, bester Kumpel, hilfsbereiter Cousin und fürsorglicher Enkel. Doch zusehends fängt Amor an, sich selbst zu beobachten. Ist das schon paranoid, oder ist die Stadt tatsächlich in Angst erstarrt? Möglichst normal und vor allem unauffällig versucht er trotzdem, seinem Alltag nachzugehen. Aber wie sieht „normal“ eigentlich aus, wenn man plötzlich zur Projektionsfläche von Vorurteilen wird? Schnell wird deutlich, wie leicht sich die Wahrnehmung von Täter und Opfer, von Realität und Einbildung verwischen und manipulieren lässt. „Ich rufe meine Brüder“ zeigt, wie brüchig diese Grenze ist und wie leicht sich die Blicke manipulieren lassen in einer Gesellschaft, die zwanghaft alles beobachten muss.
Die Romane und Dramen von Jonas Hassen Khemiri zeigen mit klarem und gleichzeitig poetischem Blick die Probleme und Herausforderungen unserer Gesellschaft.