„Das Stück KASPAR [...] zeigt, was MÖGLICH mit jemandem. Es zeigt, wie jemand durch Sprechen zum Sprechen gebracht werden kann. Das Stück könnte auch ‚Sprechfolterung‘ heißen.“
So Peter Handke im Vorwort zu seinem Stück Kaspar. Dieses wurde 1968 in Zeiten von politischen und sozialen Wirren und Wagnissen uraufgeführt. Es war die Epoche des radikalen Widerspruchs gegen die Gegebenheiten der sozialen und politischen Realität, als Handke in seinen „Sprechstücken“ wie Publikumsbeschimpfung das Theater radikalisiert. Er bricht mit den althergebrachten Regeln des Dramas, indem er keine Geschichten mehr erzählt, sondern die Sprache zur Handlung macht. Die Sprache agiert und agitiert durch die „Einsager“ für und gegen und mit Kaspar. Handke „zeigt nicht, wie es ES WIRKLICH IST oder WIRKLICH WAR mit Kaspar Hauser“, sondern er präsentiert „ein Modell von Menschen, die nicht zurechtkommen mit sich selber und der Umwelt.“ (Peter Handke) Sprache ist das zentrale Medium in der Vermittlung gesellschaftlicher Werte, die in Kaspar in den unterschiedlichen Formen von Erziehung und Disziplinierung auftreten: als Förderung, Forderung, Überforderung; als Verlockung, Versuchung, Verdammung; als Belohnung, Belehrung, Bestrafung etc.
Heute kann man sich das Stück Kaspar auch als Komödie denken, die sich zwischen Clownerie und Comic, zwischen Puppentheater und Pop-Performance höllisch und heiter zu entfalten vermag. Regie führt der US-amerikanische Regisseur Daniel Kramer, der in der vergangenen Spielzeit Engel in Amerika von Tony Kushner im Akademietheater inszeniert hat.